„Amtsgerichte könnten ausgehöhlt werden“: Rückgang der Zivilrechtsfälle stellt Amtsgerichte in der Fläche vor Probleme – Podiumsdiskussion im Meppener JAM am 28.06.2022 um 17:30 Uhr. In den vergangenen Jahren ist die Anzahl der Zivilverfahren am Amtsgericht Meppen stark zurückgegangen. Hierbei ist die Entwicklung am Amtsgericht Meppen kein Einzelfall.
„Wir sorgen uns derzeit, dass die Amtsgerichte in der Fläche ausgehöhlt werden, da bestimmte Rechtsbereiche mangels Fallzahlen zentralisiert werden könnten“, sagt Anette Schneckenberger, Direktorin des Amtsgerichts Meppen. In der Praxis würde ein weiterer Rückgang der zivilrechtlichen Verfahren bedeuten können, dass diese Verfahren künftig nicht mehr in Meppen, sondern an anderen Amtsgerichten in der Region verhandelt würden, befürchtet die Juristin. Weitere Wege für Rechtssuchende und Mitarbeitende wären nur eine Auswirkung.
Ein Grund für den Rückgang der Verfahren mag Folgender sein: Die Amtsgerichte sind für die Entscheidung von Zivilverfahren — mit Ausnahme Streitigkeiten aus dem Wohnraummietrecht — bis zu einem Streitwert von 5000,- EUR zuständig. Die Streitwertgrenze wurde zuletzt 1993 erhöht und 2002 lediglich auf 5000,- EUR gerundet. Kaufkraftbereinigt entspräche dies heute einer Streitwertgrenze von 7700,- EUR, denn seit 1993 stiegen die Verbraucherpreise um ca. 53%. Die Justizministerkonferenz hat auf ihrer Herbsttagung 2021 eine Anhebung des Zuständigkeitsstreitwerts für die Amtsgerichte auf die rechtspolitische Agenda gesetzt (§ 23 Nr. 1 GVG). Der Koalitionsvertrag der Ampelregierung schweigt dazu, will aber Gerichtsverfahren durch mehr spezialisierte Spruchkörper schneller und effizienter gestalten.
Auch aus personalpolitischer Sichtweise wäre eine Zentralisierung einzelner Fachgebiete problematisch. “Sollten einzelne Bereiche wegbrechen, wären wir als Arbeitgeber unattraktiver“, gibt die Behördenleiterin zu bedenken. Besonders das Zivilrecht stelle eine sehr attraktive Tätigkeit, besonders für Frauen, die häufig in Teilzeit arbeiten, dar. „Diesen Berufsgruppen könnten wir so deutlich weniger anbieten“, so Schneckenberger weiter.
Um die beschriebene Problematik sichtbar zu machen und sich den möglichen Antworten zu stellen, führt das Meppener Amtsgericht im Rahmen des „Tag des Zivilrechts“ am 28. Juni 2022 ab 17.30 Uhr eine Podiumsdiskussion im Meppener Jugend- und Kulturzentrum JAM durch. Hier sollen Fragestellungen, wie z.B. „wie steht es um die Zukunft der Amtsgerichte?“ oder „wie passen eine Anhebung der Streitwertgrenze und eine stärkere Spezialisierung zusammen?“ behandelt werden.
Die Gäste der öffentlichen Veranstaltung erwartet eine spannende Diskussion in lockerer Atmosphäre. An der Gesprächsrunde nehmen teil: Gitta Connemann, MdB, Jens Beeck, MdB, Dr. Stefan von der Beck, Direktor des Amtsgerichts Leer, Verena Brinkmann, Richterin am Amtsgericht Lingen und Rechtsanwalt und Notar Dr. Sebastian Sandhaus, Lingen. Auch die Zuschauenden sind herzlich eingeladen, sich an den Gesprächen aktiv zu beteiligen. Die Moderation übernimmt die Direktorin des Meppener Amtsgerichtes, Anette Schneckenberger.
Der Eintritt ist frei. Eine Voranmeldung ist nicht erforderlich. Einlass ab 17:00 Uhr.
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„Lädt zur Podiumsdiskussion im JAM über die Zukunft der Amtsgerichte ein: Direktorin Anette Schneckenberger vom Amtsgericht Meppen.“