Wie fühlt es sich an, ein Erwachsener zu sein? Das testen gerade 120 Meppener Schüler in der Spielstadt Jam-City. In der Paul-Gerhardt-Sporthalle bauen sie sich von Dienstag bis Freitagmorgen ihre ganz eigene Stadt auf – mit allem, was später in ihrem Leben dazugehören wird. (Text: Meppener Tagespost, Ann-Christin Fischer)
Steuern zahlen, Rechnungen begleichen, Geschäfte eröffnen und tätigen, Entscheidungen treffen. „Erwachsene haben auch kein leichtes Leben“, sagt Emily Tempel und erklärt, welche Vor- und Nachteile sie jetzt schon sieht: „Es ist anstrengend, weil man viel zahlen muss. Als Kind bekommt man alles einfach so und als Erwachsener muss man immer Geld dabei haben. Erwachsen werden ist nicht einfach so gehopst und gesprungen.“
Sie sitzt bei der Station Bank, Verwaltung und Arbeitsamt. Zusammen mit Jonah Wulf, David Schnieders und Celina Lampe ist sie für das Geld wechseln, Anträge ausfüllen und die Verwaltung zuständig. Eines ist ihr direkt aufgefallen: „Also dieses Steuern zahlen ist wirklich nervig, das sollte man abschaffen.“
Die Meppenerin ahnt wahrscheinlich noch nicht, wie viele Menschen ihr da zustimmen werden. Trotzdem sieht die Elfjährige auch Vorteile am Erwachsensein: „Später kann ich selbst bestimmen, ob ich nach Mallorca oder Italien in den Urlaub fahre. Jetzt darf man das noch nicht.“
Stichwort Selbstbestimmung. In der Jam-City ist jeder für sich selbst verantwortlich und auch dafür, immer genug im Portemonnaie zu haben. Wer sich zuerst eine Waffel, dann etwas zu trinken, einen Besuch im Kino oder der Disco gönnt, hat für den Rest des Tages nicht mehr viel Jam-Geld zur Verfügung. Das ist die fiktive Währung, mit der in der Spielstadt alles bezahlt wird.
Im Beauty-Shop können sich die Kleinen ihre Haare und Nägel machen lassen, in der Fimo-Werkstatt basteln sie aus einer Modelliermasse kleine Figuren, die im Ofen hart werden. Zu essen und trinken gibt es hier reichlich: Im Starbucks Café steht alles außer Kaffee zum Verkauf, in der Frucht-Oase leckere Smoothies, dazu stellen die Schulkinder Waffeln, Kekse und kleine Kuchen her.
Knapp 25 Läden und Einrichtungen haben sie innerhalb kurzer Zeit auf die Beine gestellt. Das alles machen sie zwar in Eigenverantwortung, trotzdem sind fast 50 Betreuer vor Ort, die immer ein Auge auf die Vorhaben der Fast-Erwachsenen haben.
In Kooperation mit der Marienhausschule für Sozialwesen hat die Jugendpflege Meppen die Spielstadt zum zwölften Mal auf die Beine gestellt. Mit-Initiator Karsten Streeck ist stolz: „Die Kinder nehmen die Stadt sehr ernst und fühlen sich sehr wohl. Man merkt richtig, dass sie aufblühen, und viele bringen ihre eigenen Ideen mit ein.“
Genau das Gefühl hatte auch Meppens Bürgermeister Helmut Knurbein, der Jam-City zum ersten Mal in seiner Amtszeit besuchte: „Sie machen sich Gedanken, bringen Ideen ein, wie man später Geld verdienen kann und sind schon jetzt sehr realitätsnah.“ Außerdem lobte Knurbein die vielen ehrenamtlichen Betreuer, denn sie machen diese Tage erst möglich. „Es ist ein riesiger logistischer Aufwand und wie das hier geregelt wird, ist toll.“
24 angehende Erzieherinnen und Erzieher sowie 20 Ehrenamtliche vom Meppener Jugendzentrum Jam stellten seit den Sommerferien das Programm für die Spielstadt zusammen. „In der Nacht von Donnerstag auf Freitag übernachten gut zwei Drittel hier in der Sporthalle, am Freitag ist dann um neun Uhr Schluss“, stellte Karsten Streeck fest. Aber er ist sich sicher: „Da wir in diesem Jahr in nur einer Stunde alle Plätze belegt hatten, werden wir sicherlich nächstes Jahr wieder eine Spielstadt aufbauen.“