Ein Kennenlernen an Herd und Kochtopf

Ich lie­be es, zu kochen“, sagt Dri­tan Seful­laj mit einem brei­ten Lächeln im Gesicht. Dass sich der 37-Jäh­ri­ge aus Alba­ni­en freut, jetzt sei­ner Lei­den­schaft im Meppe­ner Jugend­zen­trum Jam nach­zu­ge­hen, sehen alle ihm an. Gemein­sam mit vie­len Flücht­lin­gen und vie­len Meppe­ner Schü­lern ist er dort, um den Koch­löf­fel zu schwin­gen und einen gesel­li­gen Kenn­lern­abend mit­ein­an­der zu verbringen.

Ob Jung oder Alt, mit Fami­lie, Freun­den oder allein, rund 60 Teil­neh­mer haben Spaß am Brut­zeln, Frit­tie­ren oder am Backen. „In mei­ner Hei­mat habe ich schon immer ger­ne in der Küche mit­ge­hol­fen“, sagt Dri­tan. Dazu hat er im Jam reich­lich Gele­gen­heit. Von Käse­spie­ßen über Crê­pes bis zum Klas­si­ker Piz­za wird gebo­ten, was den Magen füllt. Und wenn es in der Küche ein­mal zu voll wird, len­ken sich die Teil­neh­mer mit Bil­lard oder am Kicker­tisch ab. Haupt­sa­che das Mit­ein­an­der steht im Vordergrund.

Durch die aktu­el­le poli­ti­sche Debat­te des unbe­grenz­ten und weit­ge­hend unkon­trol­lier­ten Zuzugs von Flücht­lin­gen nach Deutsch­land, mit sei­nen Befür­wor­tern und Geg­nern, scheint die Inte­gra­ti­on der Men­schen und die Nähe zu ihnen etwas in den Hin­ter­grund zu gera­ten. Dabei ist es ganz ein­fach, Initia­ti­ve zu ergrei­fen und Enga­ge­ment zu zei­gen. (Text: Jan Gro­the, EL-Kurier)

Das bun­des­wei­te Pro­jekt „Schu­len für Demo­kra­tie“, bei dem sich die Meppe­ner Anne-Frank-Schu­le und Kar­di­nal-von-Galen-Schu­le zusam­men mit dem Jam-Cen­ter betei­li­gen, wird von der Agen­tur für Wei­ter­bil­dung geför­dert. Bereits im Juni gab es einen Kenn­lern­tag im Jam-Cen­ter mit Flücht­lin­gen und Meppe­ner Schü­lern, wo auch Fuß­ball gespielt und ein Film geschaut wur­de. „Das ers­te Pro­jekt wur­de sehr gut ange­nom­men. Vie­le tref­fen sich immer noch regel­mä­ßig und ver­brin­gen Zeit zusam­men“, sagt Lena Albrecht, Sozi­al­päd­ago­gin an der Kar­di­nal-von-Galen-Schu­le. Albrecht wei­ter: „Die Reso­nanz vom ver­gan­ge­nen Mal war so posi­tiv, dass wir das mit allen Betei­lig­ten wie­der­ho­len wollten“.

Die Flücht­lin­ge kom­men unter ande­rem aus Syri­en, Alba­ni­en, Koso­vo oder auch aus Afri­ka. Mit der Ver­stän­di­gung ist es nicht ganz ein­fach, aber es funk­tio­niert. Schwie­rig­kei­ten mit der deut­schen Spra­che kom­pen­sie­ren die Jugend­li­chen mit ihren Eng­lisch­kennt­nis­sen, oder mit sogar mit Zei­chen­spra­che. Zur Not gibt es aber immer jeman­den, der beim Über­set­zen in die Lan­des­spra­che hilft. „Das Erler­nen der Spra­che steht jetzt nicht unbe­dingt im Vor­der­grund“, sagt auch Sozi­al­päd­ago­gin Fran­zis­ka Frank von der Anne-Frank-Schu­le. „Das Mit­ein­an­der und das Ken­nen­ler­nen unter­ein­an­der ist uns in ers­ter Linie wichtig“.

Das gefällt auch Lau­ra Fehr­mann. Die Schü­le­rin der Anne-Frank-Schu­le war bereits im Juni dabei und freut sich über das zwei­te Pro­jekt. „Es ist eine gute Idee, die Akti­on zu wie­der­ho­len. Ich fin­de es schön, neue Leu­te beim Kochen zu tref­fen und ver­schie­de­ne inter­es­san­te Spe­zia­li­tä­ten zu pro­bie­ren“, sagt sie. Das geht nicht nur ihr so. Es herrscht ein akti­ves Mit­ein­an­der. Ein kuli­na­ri­scher Aus­tausch und eine freund­li­che Atmo­sphä­re. Kei­ne Spur von Berührungsängsten.

Vie­le Flücht­lin­ge sind sehr oft im Jugend­zen­trum zu Gast, eini­ge aber auch zum ers­ten Mal, wie Dri­tan. „Zuhau­se koche ich auch sehr ger­ne, aber ich freue mich, dies heu­te mit neu­en Freun­den zu machen“, sagt er. Zusam­men mit Freund Men­tor Rap­ce ist Dri­tan erst seit einem Monat in Meppen. „Wir füh­len uns sehr herz­lich auf­ge­nom­men und freu­en uns sehr, heu­te neu­en Men­schen zu begeg­nen. Meppen ist eine schö­ne Stadt“, sagt Dri­tan in flüs­si­gem Eng­lisch. „Ich mag beson­ders das schö­ne Wet­ter hier. In Alba­ni­en ist es immer viel käl­ter“, lacht er, auch wenn es drau­ßen für hie­si­ge Ver­hält­nis­se recht frisch ist. Dri­tan möch­te so schnell wie mög­lich Deutsch ler­nen. „Es ist wirk­lich wich­tig, die Spra­che zu beherr­schen. Des­we­gen gehen Men­tor und ich auch gleich zu zwei Sprachkursen“.

Etwas wei­ter mit der deut­schen Spra­che ist da schon Moussa Al Akraad. Der 22-jäh­ri­ge Syrer ist seit neun Mona­ten im Ems­land und besucht mit sei­nem Cou­sin Abdul einen Deutsch­kurs an der Volks­hoch­schu­le. Bei­de sind oft an Wochen­en­den in der König­stra­ße und tref­fen sich mit Freun­den, zocken an der Play­sta­ti­on oder spie­len Bil­lard. Moussa ist zudem begeis­ter­ter Bad­min­ton-Spie­ler und schlägt in Dalum gegen den Feder­ball. Durch den Sport und die Zeit im Jam-Cen­ter haben sie schon vie­le neue Leu­te ken­nen­ge­lernt. Auch das Kochen kommt bei den bei­den gut an. „Ich habe vie­le Brü­der zuhau­se. Da ist gutes Essen wich­tig“, scherzt Moussa.

Von der Orga­ni­sa­ti­on des Tages sind die Gäs­te begeis­tert. Beson­ders die gute Arbeit des Jam-Cen­ters, unter ande­rem der Jugend­pfle­ger Kars­ten Streek, Peter Ahlers und Jonas Egbers sowie Pro­jekt­lei­te­rin Anna Sche­pers wird gelobt. Die jun­gen Meppe­ner sind, zusam­men mit Lena Albrecht und Fran­zis­ka Frank, die Ansprech­part­ner für die vie­len Teil­neh­mer. „Uns ist aber auch wich­tig, dass das kei­ne rei­ne Flücht­lings­ver­an­stal­tung ist, son­dern dass sich auch Meppe­ner Schü­le­rin­nen und Schü­ler an der Akti­on betei­li­gen und man mit­ein­an­der einen schö­nen Tag ver­bringt“, sagt Ahlers.

Anna und Peter bie­ten zudem einen Koch­club für Flücht­lin­ge an, bei dem jeder herz­lich ein­ge­la­den ist. Die­ser fin­det jeden Mitt­woch­nach­mit­tag von 16 bis 18 Uhr im Jam statt. „Es ist echt schön, die unter­schied­li­chen Kul­tu­ren ken­nen­zu­ler­nen“, freut sich Anna. „Wir kochen sowohl deut­sche Gerich­te als auch Lan­des­ge­rich­te der Teil­neh­mer.“ Mit All­tan Palu­shi und Leo­no­ra Par­du­zi sind zwei Stamm­gäs­te des Koch­clubs unter den heu­ti­gen Kochbegeisterten.

Die Akti­on des Pro­jekts „Schu­len für Demo­kra­tie“ sei erst ein­mal die letz­te. Es sol­len aber defi­ni­tiv wei­te­re, ähn­li­che Aktio­nen im Jam-Cen­ter ange­bo­ten wer­den. „Es war von Anfang an unser Ziel, Schü­ler und Flücht­lin­ge zu begeis­tern, damit die­se sich gegen­sei­tig an die Hand neh­men und ein reger Kon­takt bestehen bleibt. Das ist uns gelun­gen“, sagt Lena Albrecht nicht ohne Stolz.

Der Tag ist aber noch lan­ge nicht been­det. Wäh­rend eini­ge noch mit dem Kochen beschäf­tigt sind, dür­fen ande­re die schon fer­ti­gen Lecke­rei­en genie­ßen. Über­all steht Appe­tit­li­ches zum Naschen. Für die musi­ka­li­sche Unter­ma­lung zum Essen und für gute Stim­mung unter den jun­gen Leu­ten sorgt am frü­hen Abend dann noch DJ Mar­kus Roling, ali­as Rio­tOn­The­Rock. Wäh­rend er auf­legt, wird auf dem Dance­f­lo­or getanzt. So nei­gen sich ein kuli­na­ri­sches Mit­ein­an­der und unbe­schwer­tes Ken­nen­ler­nen dem Ende entgegen.